Nicht mehr ganz „kategorischer Imperativ“
Immanuel Kant hatte die Moral im Blick und aufgeklärte Menschen: So forderte er 1784 die Allgemeinheit auf, sich aus ihrer „selbst verschuldeten Unmündigkeit“ zu befreien oder mit modernen Worten: den eigenen Kopf zu benutzen. Ein Ratschlag, der auch über 200 Jahre später nichts an Aktualität eingebüßt hat.
Der Kant’sche Kategorische Imperativ erhebt das eigene Handeln zum Gesetz. Würde nur jeder so handeln, wie er es sich auch von den anderen wünscht!
Mit dem Imperativ, zu Deutsch der Befehlsform, assoziiert man auch antike Imperatoren oder moderne Despoten und militärische Übungen: Sprachlich handelt es sich oft weniger um Befehle, als um Aufforderungen, Nahelegungen oder Bitten.
„Schreib mir doch mal!“ Und wer wäre heute nicht entzückt über einen ‘echten Brief’ ?
Der Imperativ ist einer von drei möglichen Ausdrucksformen (Modi): die anderen beiden sind die Wirklichkeits– (Indikativ) und die Möglichkeitsform (Konjunktiv).
- Ich schreibe dir. (Indikativ)
- Ich würde ihm/ihr gern schreiben … Ich schriebe ihm/ihr so gern! (Konjunktiv)
- Schreib/Schreibt/Schreiben Sie mir ! (Imperativ)
Neben dieser persönlichen gibt es noch eine unpersönliche Form, die sich – im Infinitiv – auf ein unerwünschtes bzw. erwünschtes Verhalten bezieht: Klassische Beispiele sind
Rasen betreten verboten!
Bitte Schuhe ausziehen!
Und schließlich die Form im Partizip Perfekt: Vom militärischen „Stillgestanden!“ bis zum geradezu putzigen „Aufgemerkt!“ der Kabarettfigur Erwin Pelzig.
Im Französischen bezieht sich das Verbot direkt auf das Objekt: «Pelouse interdite» (Rasen verboten!), während im Italienischen beinahe theatralisch die Zerstörung des Rasens vorweggenommen wird: «Vietato calpestare l’erba!» (Zertrampeln des Grases verboten!)
Am dezentesten habe ich die Chinesen erlebt: Sie stellen einfach Schilder auf, die zwei Füße zeigen, die – wie beim Rauchverbot – durchgestrichen sind. Diskreter lässt sich der Imperativ wohl nicht formulieren …
@ bine